ein Stadtführer
ein Projekt von Alisa Douer
„Wien ist eine schöne Stadt – Wien liegt nicht an der Donau, sondern an der Wien… Nur zwei Fünftel aller Wiener tragen deutsche Namen… Die Schuster und Schneider tragen vorzugsweise böhmische, die Rauchfangkehrer häufig italienische Namen.“
Jörg Mauthe, Wien für Anfänger, 1959
„Eine Kultur lebt vor allem in der Mannigfaltigkeit ihrer Berufe. Jeder von ihnen bringt, abgekapselt in seiner Zelle, für sich Gesichtsausdrücke, Kleidung, Sprachen, Haltungen, rührende oder scherzhafte Anekdoten, eine Pädagogik, eine Moral hervor. Das waren die Werkstätten bis vor kurzem: Kulturgerinnsel, sich selbst genug; Königreiche, in denen der König „Maestro“ genannt wurde, d.h. Meister des Hammers, der Axt, des Schustermessers, der Drehbank… Historische Orte und geweihte Stätten, deren veraltete Techniken, deren edler Phalanstère- Geruch in keine Enzyklopädie mehr aufgenommen werden wird.“
Gesualdo Bufalino, Museum der Schatten, 1982
In diesem Projekt werden Menschen ausfindig gemacht, die Berufe ausüben, welche in absehbarer Zeit nicht mehr existieren werden oder schon heute ungewöhnlich oder selten zu finden sind.
Im Zeitalter des Computers und Handys gibt es noch immer den traditionellen Schuhmacher, Schneider, Zinnsoldatengießer oder Fingerhuterzeuger. Man kann sich in Wien noch immer ein handgefertigtes Besteck bestellen oder Seifenflocken per Kilo kaufen.
„…Man schrieb jeder Kategorie von Handwerken unterschiedliche psychologische Dispositionen zu: Die Schneider galten als prahlerisch und furchtsam, aber auch als gewitzt und als Glückspilze nach Art der Schuhmacher; diese wiederum als Possenreißer, Schlemmer und schalkhafte Vögel; die Metzger waren ungestüm hoffärtig; die Schmiede eitel; die Holzfäller grob und verdrießlich; die Barbiere geschwätzig; die Anstreicher trinkfreudig und immer fröhlich usw.“
Claude Lévi-Strauss, Die eifersüchtige Töpferin, 1987
Die meisten Menschen, die diese Berufe ausüben, sind nicht mehr jung, zum Teil sind sie sich der Tatsache bewusst, dass, wenn sie einmal – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr weiter machen werden, ihr Geschäft oder ihre Werkstätte nicht mehr existieren wird.
Es soll ein Fotoband mit Biografien und wissenschaftlichen Essays sein, der durch Wien führt. Ein Stadtplan von Wien, worauf die Geschäfte bzw. Werkstätten zu finden sind, wird ein integrierter Teil des Buches sein, so dass auch interessierte Touristen diese besuchen können.